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Wie bückst du so fest auf den Strom, für den du so manche Lanze ge-
brochen! „Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze!" so sprachst
und schriebst du in trüber Zeit. Ja, wer nur die kleine Strecke von
Mainz bis nach Bonn mit den Augen des Leibes oder auch nur des
Geistes gesehen, der begreift, daß wir unsern Vater Rhein nie im Stiche
lassen dürfen, „solang em Tropfen Blut noch glüht, noch eine Faust den
Degen zieht und noch ein Arm die Büchse spannt". Ludwig Gäbler.
22. Berlin, die deutsche Kaiserstadt.
Berlin, die Hauptstadt des preußischen Staates und Residenz des
Deutschen Kaisers, steht bei einer Bevölkerung von mehr als 2 Millionen
an dritter Stelle unter den Städten Europas und ist zugleich einer
der bedeutendsten Handels- und Jndustrieplätze Deutschlands. Keine
-große Stadt Europas hat jemals in so kurzer Zeit einen solchen
Aufschwung genommen wie Berlin in den letzten Jahrzehnten.
Dieses rasche Emporblühen dankt es vor allem der gewaltigen Ent-
wicklung Preußens und Gesamtdeutschlands. Darum trägt Berlin,
dessen Weichbild 63 qkm umfaßt, einen durchaus modernen Charakter.
Ein reiches wirtschaftliches Leben durchflutet es; das zeigt uns ein
Rundgang durch die Stadt, insbesondere durch die Leipziger Straße
und Friedrichstraße mit ihren großen Geschäftshäusern, den prunkvollen
Läden und dem großstädtischen Menschengewühle. Die vornehmste
Straße und der Brennpunkt des politischen Lebens der Kaiserstadt
ist die Straße „Unter den Linden".
Diese Straße ist von alters her der Stolz Berlins. Sie ist
30 m breit und hat eine vierfache Reihe von Linden und Kastanien,
die eine breite Promenade, Reit- und Fahrwege einschließen. Be-
sonders lebhaft wird der Verkehr um die Mittagszeit und in der;
Nachmittagsstunden, namentlich an Sonn- und Feiertagen, oder wenn
kaiserliche Wagen eine Auffahrt bei Hofe melden und Fürsten und
Gesandte in ihren Prunkwagen dem Schlosse zujagen. Ein großartiges
Bild zeigt die Straße, wenn sie sich im Festesglanze zeigt, wenn
Tore und Häuser mit Kränzen und Fahnen geschmückt sind, wenn
Ehrenpforten sich erheben und eine wogende Volksmenge jubelnd dem
Einzug haltenden Herrscherpaare oder dem siegreich zurückkehrenden
Heere ihre Glückwünsche entgegenbringt. So hielten 1864 hier ihren
Einzug die Düppel- und Alsenstürmer und zwei Jahre später die aus
Böhmen und vom Main heimkehrenden siegreichen Scharen. Die
Krone solcher Einzüge war aber jener Ehrentag, als 1871 derselbe
König, dessen Heere bei Düppel und Königgrätz gesiegt hatten, seine
Hauptstadt als Deutscher Kaiser wiedersah, umgeben vom Kronprinzen
Friedrich Wilhelm, von Bismarck und Moltke. Ein anderes Bild
zeigte der 16. März des Jahres 1888. Schwarzer Flor umhüllte die
bunten Fahnen, und ein Trauerzug bewegte sich vom Kaiserlichen
Schlosse nach Westen hin zum Brandenburger Tore. Von hier
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TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Gäbler Ludwig Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Bismarck Moltke
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Mainz Bonn Rhein Berlin Berlin Europas Deutschlands Europas Berlin Gesamtdeutschlands Berlin Berlins Main
320
Heimat befreien helfen darf oder doch vor den Mauern meiner väterlichen
Stadt wie ein ehrliches deutsches Herz verbluten kann. Das walte Gott,
ich bin bereit! — Eine große, herrliche Stunde habe ich am Sonnabend
verlebt. Wir zogen in Parade aus Zobten nach Rogau, einem lutherischen
Dorfe, wo die Kirche zur feierlichen Einsegnung der Freischar einfach, aber
geziemend ausgeschmückt war. Nach Absingung eines Liedes, das Ihr
Freund zu der Gelegenheit verfertigt hatte, hielt der Prediger des Orts,
Peters mit Namen, eine kräftige, allgemein ergreifende Rede. Kein Auge
blieb trocken. Zuletzt ließ er uns den Eid schwören, für die Sache der
Menschheit, des Vaterlandes und der Religion weder Gut noch Blut zu
schonen und zu siegen oder zu sterben für die gerechte Sache; wir
schworen! — Darauf warf er sich auf die Knie und flehte Gott um
Segen für seine Kämpfer an. Bei dem Allmächtigen, es war ein Augen-
blick, wo in jeder Brust die Todesweihe flammend zuckte, wo alle Herzen
heldenmütig schlugen. Der feierlich vorgesagte und von allen nachge-
sprochene Kriegseid, auf die Schwerter der Offiziere geschworen, und „Ein'
feste Burg ist unser Gott" machten das Ende der herrlichen Feierlichkeit, die
zuletzt noch mit einem donnernden Vivat, das die Krieger der deutschen
Freiheit ausbrachten, gekrönt wurde, wobei alle Klingen aus der Scheide
flogen und helle Funken das Gottesbaus durchsprühten. Diese Stunde
hatte um so mehr Ergreifendes für uns, da die meisten mit dem Gefühl
hinausgehen, es sei ihr letzter Gang. Ich weiß auch einige Gesichter in
meinem Zuge, von denen ich's ganz deutlich voraus weiß, sie sind unter
den ersten, die der Würgengel fordert. Es gleicht wohl nichts dem klaren,
bestimmten Gefühle der Freiheit, das dem Besonnenen im Augenblicke der
Gefahr lächelnd entgegentritt. Kein Tod ist so mild wie der unter den
Kugeln der Feinde; denn was den Tod sonst verbittern mag, der Ge-
danke des Abschieds von dem, was einem das Liebste, das Teuerste auf
dieser Erde war, das verliert seinen Wermut in der schönen Überzeugung,
daß die Heiligkeit des Unterganges jedes verwundete, befreundete Herz
bald heilen werde.---------
139. Die patriotischen Gaben im Jahre 1813.
Wie ein Frühlingssturm, der die Eisdecke bricht, fuhren die großen
Erlasse des Königs, welche die gesamte Wehrkraft Preußens unter die
Waffen stellten, durch die Seele des Volkes. Es wurden nicht viel Worte
gemacht, kurz war der Entschluß. Die Freiwilligen sammelten sich still
in den Städten ihrer Landschaft und zogen mit ernstem Gesang aus den
Toren zur Hauptstadt, nach Königsberg, Breslau, Kolberg, bald auch
nach Berlin. Die Geistlichen verkündeten in der Kirche den Aufruf des
Königs; es war das kaum nötig. Die Leute wußten bereits, was sie
zu tun hatten. Als ein junger Theologe, der predigend seinen Vater
vertrat, die Gemeinde von der Kanzel ermahnte, ihre Pflicht zu tun, und
hinzufügte, daß er nicht leere Worte spreche und sogleich nach dem Gottes-
dienst selbst als Husar eintreten werde, da stand sofort in der Kirche eine
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Extrahierte Personennamen: Peters
Extrahierte Ortsnamen: Rogau Königsberg Breslau Kolberg Berlin
338
und während dessen von unserer Seite nach und nach Terrain gewonnen
wurde. Die genannten Dörfer wurden genommen.
Sehr tief eingeschnittene Schluchten mit Wäldern erschwerten das
Vordringen der Infanterie und begünstigten die Verteidigung. Die Dörfer
Jlly und Floing wurden genommen, und es zog sich allmählich der Feuer-
kreis immer enger um Sedan zusammen. Es war ein großartiger Anblick
von unserer Stellung auf einer überragenden Höhe hinter jener genannten
Batterie, rechts vom Dorfe Fr6nois! Der heftige Widerstand des Feindes
fing allmählich an nachzulassen, was wir au den aufgelösten Bataillonen
erkennen konnten, die eiligst aus den Wäldern und Dörfern zurückliefen.
Die Kavallerie suchte einige Bataillone unseres 5. Korps anzugreifen, die
vortreffliche Haltung bewahrten; die Kavallerie jagte durch die Abstände
der Bataillone durch, kehrte dann um und auf demselben Wege zurück,
was sich dreimal von verschiedenen Regimentern wiederholte, sodaß das
Feld mit Leichen und Pferden besäet war, was wir alles von unserm
Standpunkte genau mit ansehen konnten. Ich habe die Nummer dieses
braven Regiment- noch nicht erfahren können.
Da sich der Rückzug des Feindes auf vielen Stellen in Flucht auf-
löste und sich alles, Infanterie, Kavallerie und Artillerie, in die Stadt
und nächste Umgebung zusammendrängte, aber noch immer keine An-
deutung sich zeigte, daß der Feind sich durch Ergebung aus dieser ver-
zweifelten Lage zu ziehen beabsichtigte, so blieb nichts übrig, als durch die
genannte Batterie die Stadt beschießen zu lassen; da es nach 20 Minuten
ungefähr an mehreren Stellen bereits brannte, was mit den vielen
brennenden Dörfern in dem ganzen Schlachtkreise einen erschütternden Ein-
druck machte — so ließ ich das Feuer schweigen und sendete den Oberst-
leutnant von Bronsart vom Generalstabe als Unterhändler mit weißer
Fahne ab, der Armee und Festung die Kapitulation antragend. Ihm be-
gegnete bereits ein bayrischer Offizier, der mir meldete, daß ein französischer
Parlamentär mit weißer Fahne am Tore sich gemeldet habe. Der Oberst-
leutnant von Bronsart wurde eingelassen, und auf seine Frage nach dem
General en chef ward er unerwartet vor den Kaiser geführt, der ihm
sofort einen Brief an mich übergeben wollte. Da der Kaiser fragte, was
für Aufträge er habe, und zur Antwort erhielt: „Armee und Festung
zur Übergabe aufzufordern", erwiderte er, daß er sich dieserhalb an den
General v. Wimpffen zu wenden habe, der für den blesfierten Mac Mahou
soeben das Kommando übernommen habe, und daß er nunmehr seinen
General-Adjutanten Reille mit dem Briefe an mich absenden werde. Es
war 7 Uhr, als Reille und Bronsart zu mir kamen; letzterer kam etwas
voraus, und durch ihn erfuhren wir erst mit Bestimmtheü, daß der Kaiser
anwesend sei. Du kannst Dir den Eindruck denken, den es auf mich vor
allem und alle machte; Reille sprang vom Pferde und übergab mir den
Brief seines Kaisers, hinzufügend, daß er sonst keine Aufträge habe. Noch
ehe ich den Brief öffnete, sagte ich ihm: »Aber ich verlange als erste
Bedingung, daß die Armee die Waffen niederlege.« Der Brief fängt so
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340
am 1. erlebt, in der wir gegen 30 000 Gefangene machten und den Rest
der französischen Armee, der wir seit Bar le Duc nachjagten, in die Festung
warfen, wo sie sich mit dem Kaiser kriegsgefangen ergeben mußte. Gestern
früh 5 Uhr, nachdem ich bis 1 Uhr früh mit Moltke und den französischen
Generälen über die abzuschließende Kapitulation verhandelt hatte, weckte
mich der General Reille, den ich kenne, um mir zu sagen, daß Napoleon
mich zu sprechen wünschte. Ich ritt ungewaschen und ungefrühstückt gegen
Sedan, fand den Kaiser im offenen Wagen mit drei Adjutanten und drei
zu Pferde daneben auf der Landstraße vor Sedan haltend. Ich saß ab,
grüßte ihn ebenso höflich wie in den Tuilerien und ftagte nach seinen
Befehlen. Er wünschte, den König zu sehen; ich sagte ihm der Wahrheit
gemäß, daß Se. Majestät drei Meilen davon, an dem Orte, wo ich jetzt
schreibe, sein Quartier habe. Auf Napoleons Frage, wohin er sich begeben
solle, bot ich ihm, da ich in der Gegend unkundig, mein Quartier in Donchery
an, einem kleinen Orte in der Nähe dicht bei Sedan; er nahm es an
und fuhr, von seinen sechs Franzosen, von mir und von Karl*), der mir
inzwischen nachgeritten war, geleitet, durch den einsamen Morgen nach
unserer Seite zu. Vor dem Orte wurde es ihm leid wegen der mög-
lichen Menschenmenge, und er fragte mich, ob er in einem einsamen
Arbeiterhause am Wege absteigen könne; ich ließ es besehen durch Karl;
der meldete, es sei ärmlich und unrein. »Das macht nichts aus«, meinte
Napoleon, und ich stieg mit ihm eine gebrechliche, enge Stiege hinauf.
In einer Kammer von zehn Fuß Gevierte, mit einem fichtenen Tische
und zwei Binsenstühlen, saßen wir eine Stunde, die andern waren unten.
Ein gewaltiger Kontrast mit unserm letzten Beisammensein 1867 in den
Tuilerien. Unsere Unterhaltung war schwierig, wenn ich nicht Dinge
berühren wollte, die den von Gottes gewaltiger Hand Niedergeworfenen
schmerzlich berühren mußten. Ich hatte durch Karl Offiziere aus der
Stadt holen und Moltken bitten lassen zu kommen. Wir schickten daun
einen der ersten zum Auskundschaften aus und entdeckten eine halbe Meile
davon in Fr6nois ein kleines Schloß mit Park. Dorthin geleitete ich
ihn mit einer inzwischen herangeholten Eskorte vom Leib-Kürassierregimente,
und dort schlosien wir mit dem ftanzösischen Obergeneral Wimpffen die
Kapitulation, vermöge deren 40- bis 60000 Franzosen (genauer weiß
ich es noch nicht) mit allem, was sie haben, unsere Gefangenen wurden.
Der vorgestrige und gestrige Tag kosten Frankreich 100000 Mann und einen
Kaiser. Heute ftüh ging letzterer mit allen seinen Hofleuten, Pferden und
Wagen nach Wilhelmshöhe bei Kassel ab.
Es ist ein weltgeschichtliches Ereignis, ein Sieg, für den wir Gott
dem Herrn in Demut danken wollen, und der den K^rieg entscheidet, wenn
wir auch letzteren gegen das kaiserlose Frankreich noch fortführen muffen.
Ich muß schließen. Mit herzlicher Freude ersah ich heut' aus Deinem
und Marias**) Briefen Herberts Eintreffen bei Euch. Bill sprach ich
*) Karl war Bismarcks Reitknecht.
**) Maria, Herbert und Bill, d. i. Wilhelm, sind Bismarcks Kinder.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Napoleon Karl Karl Wimpffen Karl Karl Bismarcks_Reitknecht Maria Maria Herbert Wilhelm Bismarcks
Extrahierte Ortsnamen: Sedan Sedan Donchery Sedan Gottes Frankreich Kassel Frankreich
32
leuchtete weithin die Inschrift: Vale 86n6x imperator! Damit sagte
die trauernde Hauptstadt dem greisen Heldenkaiser das letzte Fahre-
wohl auf seinem Heimgänge zur stillen Gruft im Mausoleum zu
Charlottenburg.
Nach Westen zu schließt die Straße das 20 m hohe Branden-
burger Tor. Es ist gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts
nach dem Vorbilde der Propyläen in Athen erbaut. Das Tor hat
fünf durch dorische Säulen voneinander geschiedene Durchgänge.
Das Ganze krönt wirkungsvoll ein in Kupfer getriebenes, 5 m hohes
Viergespann der Siegesgöttin. Im Jahre 1807 schickte es Napoleon
als Siegesbeute nach Paris. Mit Schmerz und Ingrimm ini Herzen
blickten damals alle Vaterlandsfreunde auf das seines Schmuckes
beraubte Tor. Seit 1814 prangt die Viktoria wieder auf dem
Tore. In Erinnerung an jene Kriegszeit schmückt sie jetzt das
Eiserne Kreuz.
Treten wir durch einen der Durchgänge, so haben wir die prächtigen
Laubbäume des Tiergartens vor uns, durch deren Zweige von rechts
her auf hoher Säule eine goldene Bildsäule winkt. Es ist die Sieges-
säule mit der Borussia. „Das dankbare Vaterland dem siegreichen Heere",
so lautet die Inschrift der Säule. Den Unterbau schmücken vier erhabene
Bilder aus Bronze zur Erinnerung an den dänischen Krieg 1864, den
österreichischen Krieg 1866, den französischen Feldzug 1870 und den
Einzug des siegreichen Heeres in Berlin 1871. Der 20 m hohe
Säulenschaft ist von drei Reihen vergoldeter dänischer, österreichischer
und französischer Geschützrohre umgürtet. Auf der Säule steht die
8 ln hohe, vergoldete Borussia vom Bildhauer Drake, rechts den
Lorbeerkranz, links das mit dem Eisernen Kreuze geschmückte Feldzeichen
haltend. Die Gesamthöhe beträgt 61 m.
An der Ostseite des Königsplatzes erhebt sich das Reichs-
tagsgebäude, der vornehmste und großartigste Bau der deutschen
Kaiserstadt, 1884—94 nach Wallols Entwürfe mit einem Kosten-
aufwande von 22 Millionen Mark aufgeführt. An den vier Ecken
ragen 46 in hohe Türme empor. Die Mitte des Gebäudes, die der
Sitzungssaal einnimmt, überdeckt eine Glaskuppel mit reichvergoldeten
Kupfergürtungen, überragt von einer säulenumgebenen Laterne, deren
Dach in eine Kaiserkrone ausläuft. Über der Tür erblickt man in
Stein gehauen den Ritter Georg mit der Reichsfahne, der die Gesichts-
züge Bismarcks trägt. Auf dem Giebel steht die in den Sattel ge-
hobene Germania von Begas.
Südlich vom Königsplatze durchschneidet die breite Sieges-
allee den östlichen Teil des Tiergartens, die Kaiser Wilhelm Ii.
von den hervorragendsten Künstlern mit 32 Marmorstandbildern
brandenburgisch-preußischer Herrscher ausschmücken ließ.
Nördlich vom Königsplatze, am Alsenplatze, zieht das umfang-
reiche General st absgebäude, in dem Graf Moltke am
24. April 1891 starb, die Aufmerksamkeit auf sich.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Drake Georg Germania_von_Begas Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Charlottenburg Athen Paris Viktoria Berlin Bismarcks Graf_Moltke
144
setzt, nachdem die Verhandlungen, die über diese Aufstellung geführt worden
waren, volle elf Jahre gewährt hatten. Unter den vielfachen Be-
denken und Erörterungen, die dagegen erhoben und gepflogen wurden, fiel
ein Widerspruch des damaligen Nachbarn der königlichen Fabrik, des
Kammerherrn von der Recke, schwer ins Gewicht, welcher die „Feuer-
maschine" als in hohem Grade gefährlich für Gesundheit und Leben der
Anwohner bezeichnete, und nur den außerordentlich regen Bemühungen
des Finanzrats Grafen v. Reden war es zu danken, daß die Aufstellung
der Maschine durchgesetzt wurde.
Interessant ist der unter dem 13. August 1799 erstattete Bericht
des damaligen Oberaufsichtsbeamten der Porzellanmanufaktur, des Staats-
ministers Freiherrn von Heinitz, an den König; derselbe lautet:
Die mit schlesischen Steinkohlen in Gang gebrachte Feuermaschine
bei der Porzellan-Manufaktur, von deren Erbauung ich bereits vor-
läufig untertänigst Anzeige gemacht habe, ist nun vollständig errichtet,
und es werden dadurch 10 Pferde erspart. Sie bewegt 12 Stampfen
und 11 liegende und einen stehenden Mühlstein, dazu eine große kupferne
Scheibe für die Porzellanschleiferei. Außerdem hebt sie alles Wasser,
dessen sie teils selbst zum Verdainpfen und Niederschlagen der Dämpfe,
teils die ganze Wasch- und Schlämmereianstalt bedarf, aus einem 40
Fuß tiefen Brunnen. Sie ist die erste ihrer Art, von kleinem Umfange
und großer Wirkung, durchaus ein inländisches Produkt, auf den ober-
schlesischen Eisenwerken Ew. Majestät durch den sehr geschickten
Maschinisten Bailton verfertigt und nun hier errichtet. Sie verdient,
von Ew. Majestät und Höchstdero Kgl. Frau Gemahlin besehen zu werden.
Geruhen daher Ew. Majestät den Tag und die Stunde hierzu
gnädigst zu besümmen.
(Gez.) von Heinitz.
Obgleich dieser Feuermaschine die volle Anerkennung der Kgl. Majestäten
zuteil wurde, hatte der Versuch, den Maschinenbau auf heimischem Boden
zu pflegen, zunächst weiter keinen Erfolg. Erst geraume Zeit später ist
ein zweiter derartiger Versuch in Berlin gemacht worden. Ein junger
Mechaniker baute eine Maschine, die ebenfalls bei der Kgl. Porzellan-
Manufaktur Verwendung fand. Auch sie genoß die Ehre, vom König
besichtigt zu werden. Der junge Erbauer ließ sich in Gegenwart des
hohen Herrn und seines Gefolges zu dem stolzen Ausrufe hinreißen:
„Jetzt haben wir die Engländer in der Tasche!" Doch auch mit diesem
Versuche gelang es nicht, daß unser deutsches Gold ferner nicht mehr in
die Tasche des Engländers wanderte. Der Maschinenbau blieb nach wie
vor das Vorrecht Englands.
Erst als F- A. Egells vor dem Oranienburger Tore seine „Neue
Berliner Eisengießerei" gegründet hatte, erfolgte eine neue Wendung der
Dinge auf diesem Gebiete. Denn in die Egellssche Fabrik trat der junge
Zimmermann August Borsig ein, der spätere Begründer der neuen deutschen
Eisenindustrie. Nach Göbel u Schroot.
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Extrahierte Personennamen: August Heinitz Heinitz Zimmermann August
370
und die dritten entschieden bekämpften, das war durch die Besitzergreifung
von Angra Pequena endlich zur Tatsache geworden, und rasch folgten dem
ersten kühnen Schritte die Flaggenhissungen in Togo und Kamerun, in
Deutsch-Ostafrika und in der Südsee und endlich in China. Es war auch
die höchste Zeit, daß Deutschland zugriff; denn überall waren die Kolonial-
uiächte tätig, die Welt unter sich zu verteilen, und es gab nicht mehr
viele Gebiete, die sogenanntes no man’s land oder herrenloses Land zur
Besitzergreifung darboten.
Aus unscheinbaren, wenig versprechenden Anfängen ist unser Kolonial-
reich hervorgegangen. Im April 1883 kaufte der Bremer Kaufmann
Adolf Lüderitz an der Südwestküste Afrikas die Bucht von Angra Pequena
samt ihrer öden, unwirtlichen Umgebung und allen Hoheitsansprüchen für
200 Gewehre und 2000 M von dem unabhängigen Häuptlinge jenes
Gebietes. Von dieser Erwerbung, die später den Namen Lüderitzland
erhielt, hatte er vorher dem Kaiserlichen Auswärtigen Amte zu Berlin
Mitteilung gemacht und um Reichsschutz gebeten. Als der Reichskanzler
Fürst Bismarck hörte, daß die Kapkolonie Lüderitzland besetzen wollte,
sandte er am 24. April 1884 das denkwürdige Telegramm an den
deutschen Konsul in Kapstadt: „Nach Mitteilung des Herrn Lüderitz
zweifeln die Kolonialbehörden (des Kaplandes), ob seine Erwerbungen
nördlich des Oranjestromes auf deutschen Schutz Anspruch haben. Sie
wollen amtlich erklären, daß er und seine Niederlassungen unter dem
Schutze des Kaisers stehen." Diese Depesche darf als Ausgangspunkt
und der Tag, an dem sie abgeschickt wurde, als der Geburtstag der
neuen deutschen Kolonialpolitik gelten. Damit hatte sich eine weltgeschicht-
liche Tatsache vollzogen, unser Vaterland die kolonialen Überlieferungen
Brandenburgs wieder aufgenommen und den ersten Schritt zur Weltpolitik
getan. Man erzählt sich, daß der alte Kaiser Wilhelm I. aus diesem
Anlaß gesagt haben soll, nun erst könne er wieder dem Standbilde des
Großen Kurfürsten offen ins Auge schauen.
Um die nun einmal eingeleitete Kolonialpolitik tatkräftig weiter zu
führen, forderte der Reichskanzler die Hansastädte auf, über die Lage
ihres westafrikanischen Handels und die für seine Sicherung und Hebung
wünschenswerten Maßnahmen zu berichten. Bei diesen Verhandlungen
wurde besonders die Wichtigkeit der Sklavenküste und des Busens von
Guinea betont und unverzügliches Handeln beschloßen. Der Kaiserliche
Generalkonsul in Tunis, vr. Gustav Nachtigal, wurde zum Reichs-
kommissar für Westafrika ernannt und mit weitgehenden Vollmachten be-
traut. Man hätte wahrlich keinen befferen Mann finden können als den
berühmten, gewandten und erfahrenen Afrikareisenden, der diese seine letzte
Ruhmestat leider mit dem Leben bezahlen sollte. Er starb als ein Opfer
des heimtückischen afrikanischen Fieberklimas am 20. April 1885 auf der
Rückreise in die Heimat.
An der Togoküste in Oberguinca sah sich Nachtigal zum erstenmal zum
Eingreifen veranlaßt. Um den drückenden Steuern und Zollbelästigungen
zu entgehen, denen Bremer Kaufleute auf britischem Kolonialgebiete aus-
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Angra_Pequena Kaufmann
Adolf_Lüderitz Adolf Angra_Pequena Fürst_Bismarck Wilhelm_I. Gustav_Nachtigal Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Togo Kamerun Deutsch-Ostafrika Südsee China Deutschland Afrikas Berlin Kapstadt Brandenburgs Guinea Tunis Westafrika Oberguinca
339
an : > N’ayant pas pu mourir à la tête de mes troupes, je dépose
mon épée à Votre Majesté<*), alles weitere mir anheimstellend.
Meine Antwort war, daß ich die Art unserer Begegnung beklage
und um Sendung eines Bevollmächtigten ersuche, mit dem die Kapitulation
abzuschließen sei. Nachdem ich dem General Reille den Brief übergeben
hatte, sprach ich einige Worte mit ihm als altem Bekannten, und so
endigte dieser Akt. — Ich bevollmächtigte Moltke zum Unterhändler und
gab Bismarck auf zurückzubleiben, falls politische Fragen zur Sprache
kämen, ritt dann zu meinem Wagen und fuhr hierher, auf der Straße
überall von stürmischen Hurras der heranziehenden Trains begrüßt, dir
überall die Volkshymne ansümmten. Es war ergreifend! Alles hatte
Lichter angezündet, sodaß man zeitweise in einer improvisierten Jllumi-
uation fuhr. Um 11 Uhr war ich hier und trank mit meiner Umgebung
auf das Wohl der Armee, die solches Ereignis erkämpfte.
Da ich am Morgen des 2. noch keine Meldung von Moltke über
die Kapitulationsverhaudlungen erhalte» hatte, die in Donchery stattfinden
sollten, so fuhr ich verabredetermaßen nach dem Schlachtfeld um 8 Uhr
früh und begegnete Moltke, der mir entgegenkam, um meine Einwilligung
zur vorgeschlagenen Kapitulation zu erhalte», und mir anzeigte, daß der
Kaiser früh 5 Uhr Sedan verlafleu habe und auch nach Donchery gekommen
sei. Da derselbe mich zu sprechen wünschte und sich in der Nähe ein
Schlößchen mit Park befand, so wählte ich dies zu unserer Begegnung.
Um 10 kam ich auf der Höhe vor Sedan an; um 12 Uhr erschienen
Moltke und Bismarck mit der vollzogenen Kapitulationsurkunde; um
1 Uhr setzte ich mich mit Fritz in Bewegung, von der Kavallerie-Stabs -
wache begleitet. Ich stieg vor dem Schlößchen ab, wo der Kaiser mir
entgegenkam. Der Besuch währte eine Viertelstunde; wir waren beide
sehr bewegt über dieses Wiedersehen. — Was ich alles empfand, nachdem
ich vor drei Jahren Napoleon auf dem Gipfel seiner Macht gesehen hatte,
kann ich nicht beschreiben.
Nach dieser Begegnung beritt ich von */,3 bis 1/,8 die ganze
Armee vor Sedan. Der Empfang der Truppen, das Wiedersehen des
dezimierten Gardekorps, das alles kann ich Dir heute nicht beschreiben;
ich war tief ergriffen von so vielen Beweisen der Liebe und Hingebung.
Nun lebe wohl — mit bewegtem Herzen am Schluffe eines
solchen Briefes. Wilhelm."
* *
*
Bismarck schrieb am Tage nach der Schlacht an seine Gemahlin:
„Vendreffe, 3. September 1870.
Mein liebes Herz!
Vorgestern vor Tagesgrauen verließ ich mein hiesiges Quartier, kehre
heute zurück und habe in der Zwischenzeit die große Schlacht von Sedan
*) „Da es mir nicht vergönnt gewesen ist, an der Spitze meiner Truppen
zu sterben, so stelle ich Ew. Majestät meinen Degen zur Verfügung."
22*
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Extrahierte Personennamen: Moltke Fritz Napoleon Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Donchery Sedan Donchery Sedan Sedan Sedan
I. Per Krieg
u
rechtzeitig vor dem geplanten Kriegsausbruch unter lhandelsvorwänden
so viel englische Schiffe in den russischen Ostseehäfen zu versammeln, daß
ein russisches Landungskorxs nach Pommern hätte übergesetzt werden können.
Rach den zunächst getroffenen Verabredungen hätte man eigentlich erwartcu
sollen, daß der Krieg gegen Deutschland erst im Frühjahr zgt6 ausbrach, wenn
die Verbündeten mit ihren militärischen Vorbereitungen ganz fertig und die
deutschen Erntevorräte von ^5 annähernd verzehrt sein würden, welche
Umstände dazu geführt haben, den Mord des österreichischen Thronfolgers
früher geschehen zu lassen und den Krieg an ihm zu entzünden, das kann noch
nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es ist aber unwahrscheinlich, daß Rußland
bei dem Morde seine bfand außer Spiel gehabt hat, und man darf außerdem
wohl auch annehmen, daß die russische Kriegspartei geglaubt hat, schon der
Mord allein werde das Gefüge des österreichischen Staates zertrümmern,
die österreichischen Slawen würden dem Ruf zu den Waffen nicht Lolge
leisten und Österreich eine leichte Kriegsbeute werden.
C. Der Ariegszrrstand nnh die Ariegserklärung.
Nachdem die österreichische Regierung durch eine wochenlange Unter-
suchungsarbeit festgestellt hatte, daß die Verschwörung gegen das Leben des
Thronfolgers von amtlichen serbischen Stellen gebilligt und gefördert worden
war, verlangte sie von Serbien unbedingte Garantie dafür, daß die Schuldigen
gestraft würden und ähnliche Unternehmungen gegen die Sicherheit Öster-
reich-Ungarns nicht nrehr vorkämen. Um Klarheit vor aller Welt zu schaffen,
sollten österreichische Beamte an der weiteren Untersuchung des Mordes
in Serbien teilnehinen, denn sonst hätten die Serben natürlich alles geleugnet.
Die serbische Regierung fragte bei der russischen an, wie sie sich verhalten
solle. Rußland, zum Kriege entschlossen, erwiderte, Serbien möge nicht
nachgeben; es werde auf jeden Lall durch die russische Macht gedeckt werden.
Nachträglich haben wir durch die russischen Truppenformationen selber, die
gleich am Anfange des Krieges an der deutschen und österreichischen Grenze
auftauchten, den Beweis dafür erhalten, daß Rußland den Krieg schon
monatelang vor seinem Ausbruch planmäßig vorbereitet hatte. Ts waren
kaukasische und sibirische mobile Truppenteile, die uns und unserm Bundes-
genossen schon in der ersten bfälfte des August entgegentraten, und das war
nur möglich, wenn ihre Mobilmachung um Monate und ihr Transport nach
dein Westen um Wochen zurück begonnen hatte. Trotzdem erklärte noch am
27. Juli der russische Kriegsminister dem Militärbevollnrächtigten des deutschen
Kaisers in Petersburg ehren wörtlich: kein Mobilmachungsbefehl sei er-
gangen, es würden nur Vorbereitungsmaßregeln getroffen; kein p>ferd fei
ausgehoben, kein Reservist sei eingezogen. Die deutschen Vertreter in Rußland
waren aber, wenn sie auch nicht wußten, wie weit die russischen Vorberei-
tungen schon gediehen waren, darüber im klaren, daß Rußland mobilisierte,
und der Militärbevollmächtigte drückte sich daher in seinem Bericht an den
Kaiser dahin aus, er wisse nicht, wozu das falsche Ehrenwort des russischen
Ministers dienen solle, wenn nicht dazu, um Deutschland zu betrügen. Das-
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
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Extrahierte Personennamen: August
Extrahierte Ortsnamen: Pommern Deutschland Serbien Serbien Serbien Petersburg Rußland Deutschland
I. Dcx Krieg
13
gewesen, und bade treu zu Rußland gestanden, wenn es in schwerer
Bedrängnis war, besonders in seinem letzter: Kriege. Der Friede Europas
kann von Dir jetzt noch erhalten werden, wenn Rußland sich entschließt,
die militärischen Maßnahmen einzustellen, die Deutschland und Österreich-
Ungarn bedrohen."
Aus diesen Telegrammen sowie aus den zahlreichen andern, in: soge-
nannten Weißbuch der deutschen Regierung über den Ausbruch des Krieges
veröffentlichten Dokumenten geht deutlich die bis zum äußersten getriebene
Friedensliebe des deutschen Kaisers hervor. Man hat nachher erfahren,
daß die obersten militärischen Ratgeber des Kaisers die ernstesten Besorgnisse
hatten, daß die Gegner, nicht nur Rußland, sondern auch Frankreich, durch
ihre fortgesetzte Mobilmachung einen gefährlichen Borsprung vor uns er-
reichen würden. Ihren Borstellungen setzte der Kaiser bis zum letzten Augen-
blick den Entschluß entgegen, erst müßten alle Möglichkeiten, den Frieden
doch noch zu bewahren, erschöpft sein, bevor der Mobilmachungsbefehl er-
ginge. In seinen letzten Ratschlägen an Österreich-Ungarn in betreff der
Behandlung Serbiens ging Kaiser wilheln: um des Friedens willen bis dicht
an die Grenze, die ihm durch unsere Bundestreue unter allen Umständen
vorgeschrieben wurde. Er riet Österreich, sich vielleicht doch mit einer bloß
vorläufigen Bestrafung der Serben zu begnügen und wegen des weiteren
sich auf Verhandlungen mit der Gegenpartei einzulassen. Rußland aber
wollte den Krieg. Ohne Rücksicht auf den Depeschenwechsel zwischen Berlin
und Petersburg setzte es die Mobilmachung gegen Österreich fort und brachte
seine Truppen auch gegen uns in Kriegsbereitschaft, während das geschah,
rief, wie wir sahen, der Zar unserm Kaiser gegenüber die Gnade Gottes an,
um die falsche Versicherung seiner Friedensliebe glaubhaft zu machen, und
sei>: Ministerpräsident, sein Kriegsminister und sein Generalstabschef ver-
sicherten auf ihr Ehrenwort, es sei kein Angriff auf Deutschland beabsichtigt!
Der Grund, aus den: der Zar und feine obersten Berater mit ihrem
Ehrenwort und mit der Anrufung des höchsten Wesens ein so schiinpfliches
Spiel getrieben haben, ist durchsichtig. Rußland braucht längere Zeit für
seine Mobilmachung, als Deutschland. Um diesen Nachteil auszugleichen,
Deutschland zu täuschen und einige Tage Borsprung zu gewinnen, hat sich
die russische Regierung zu einer Handlungsweise erniedrigt, über die es unter
tapferen und anständigen Gegnern nur ein Urteil gibt. Niemandem auf der
Welt war die Friedensliebe des deutschen Kaisers bekannter als den: Zaren.
Auf sie wurde bei den: ganzen häßlichen Streich gerechnet. Glücklicherweise
hat man den j)lan auf deutscher Seite rechtzeitig durchschaut.
Unter Kulturvölkern ist vor Beginn der Feindseligkeiten eine forinelle
Kriegserklärung üblich, und bis auf einige unbedeutende und entlegene
Staaten haben sich alle Mächte völkerrechtlich dazu verpflichtet, diesen Ge-
brauch innezuhalten, weder Rußland noch Frankreich haben diese Pflicht
befolgt. Ohne Kriegserklärung sind russische Truppen über die deutsche
Grenze gegangen, haben das Feuer auf deutsche Abteilungen eröffnet,
Brücken und Gebäude in die Luft zu sprengen versucht. Bon der franzö-
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Extrahierte Personennamen: I._Dcx
Extrahierte Ortsnamen: Europas Deutschland Ungarn Frankreich Serbiens Berlin Petersburg Gottes Deutschland Deutschland Deutschland Frankreich